Achtsamkeit und Selbstfürsorge

In diesem Artikel gehe ich der Frage nach, was Selbstfürsorge ist, warum sie wichtig für uns ist und wie wir sie kultivieren können.

Selbstfürsorge ist die Fähigkeit sich seiner Bedürfnisse klar und greifbar bewusst zu sein und sie sich zu erfüllen.
Dabei geht es um 

  • körperliche Bedürfnisse, wie Schlaf, Nahrung/Wasser, Bewegung, Sport,

  • emotionale Bedürfnisse, wie Freunde treffen, Sex, gute Gespräche, in den Arm genommen werden, sowie

  • seelisch/geistige Bedürfnisse, wie geistigen Austausch, Meditation, Anbindung ans Göttliche/Natur, Spiritualität.

Zuerst einmal die Frage an dich: Wie klar kennst du deine Bedürfnisse? Achtest du auf deine Bedürfnisse und wie oft fragst du dich, was dir gerade gut tut oder gut tun würde?
Essen, Trinken, Schlafen, Sport, Sex, kennen die meisten Menschen – ob sie erfüllt sind, steht noch einmal auf einem andern Blatt! Aber wie ist es mit den Bedürfnissen nach Ruhe, Allein-Sein, zu sich finden dürfen, Ordnung & Sauberkeit, Trauen sich fallen lassen zu können, ehrlich seine Meinung zu sagen? Oder Grenzen zu setzen, Nein-sagen-zu-können/dürfen. Anerkannt zu werden für das Sein und nicht für Leistung?

Im sumpfigen unklaren Untergrund der menschlichen Gefühlswelt schlummern oftmals unkonkrete und schwierig zu artikulierende Wünsche und Bedürfnisse.
Diese äußern sich oft lediglich als ein diffuses Gefühl von „jetzt bräuchte ich da was“ oder „das-will-ich-so-nicht“.
Genaue Formulierungen, was jetzt die angemessene Maßnahme oder Lösung für die konkrete Situation ist, kommen in diesem Moment nicht klar und greifbar ins Bewusstsein.

Die Ursache dafür ist, dass wir nicht geschult sind, in uns hineinzuhorchen und unsere emotionale, geistige und körperliche Innenwelt neugierig spürend, vorurteilsfrei und erforschend wahrzunehmen. Stattdessen stehen wir unter Druck durch unsere inneren Antreiber.
Wenn wir da nicht gegensteuern ist die Konsequenz daraus, dass wir uns immer weiter von unserem eigenen Wesenskern entfernen.
Je größer die Distanz von dort ist, umso mehr geraten wir in Stress, geraten unter Druck und entwickeln eine „zombiehafte-untoten mäßige“ Verhaltensweisen.Nach außen funktionieren wir tadellos – im Inneren sind wir wie abgestorben. Burnout, Schlaganfall, Unfälle, Krankheiten sind die Folge.

Hier hilft die Achtsamkeitspraxis mit der unbedingten Erlaubnis, gut für sich selbst zu sorgen. Mit der Haltung sich selbst als Autorität zu betrachten, die sich das erlauben darf.
Das ist leichter gesagt als getan und kostet oftmals Überwindung. Jedem anderen geben wir gern die Erlaubnis gut für sich zu sorgen. Bei sich selbst gelingt dies oft nicht.

Dazu kommt die hinderliche Frage: Darf es mir gutgehen? Einfach so? Oder muss ich erst etwas dafür tun, etwas leisten? Die damit verknüpften Ansprüche an uns selbst, gepaart mit inneren Antreibern, sind unterbewusst sehr wirkmächtig und bauen enormen Druck auf.
Die Konsequenz: wir verneinen diese Frage meistens.
Und dann geht das gedankliche Ping-Pong-Spiel im Kopf: „hätte ich doch, oder doch lieber nicht….“ los und macht es nicht leichter.

Ambivalenzterror pur.

Das Bild der herabfallenden Sauerstoffmasken im Flugzeug bei Druckabfall in der Kabine ist hier hilfreich. Die Ansage des Bordpersonals lautet: „Ziehen Sie die Maske erst sich auf und dann erst den Menschen, die ihre Hilfe benötigen.“
In unserem Alltag fallen jedoch nicht immer die Sauerstoffmasken von der Decke. Achtsamkeit hilft, in sich selbst in hineinzuhorchen und immer früher zu erkennen, wann der Zeitpunkt kommt, an dem wir die Sauerstoffmasken überziehen sollen.

Mit regelmäßiger Achtsamkeitspraxis kommst du deinem eigenen Kopfkino mehr und mehr auf die Schliche und kannst dich allmählich aus diesen dysfunktionalen Geistesspielchen befreien.
Ehrlich gesagt, ist das nicht immer easy. Du musst dir vielleicht das ein oder andere Mal eingestehen, dass du mit deiner Haltung auf dem Holzweg bist oder warst. Und es ist nicht immer leicht, das anzuerkennen ohne sich direkt mit Selbstvorwürfen fertig zu machen. Sondern stattdessen eine annehmende Haltung und eine sich verzeihende Haltung einzunehmen und Mitgefühl mit sich selbst zu entwickeln.

So kann Veränderung in Richtung Selbstfürsorge gelingen. Das sind dann keine Hau-ruck-Veränderungen sondern leise und subtile Schritte in eine Richtung zu mehr Selbstachtung und Selbstannahme.