Es ist heiß und schwül. Alle schwitzen. Ich bin mit meiner Seminarraum-Baustelle in den letzten Zügen. Eben noch ein Stück Blumenwiese gesät und jetzt geht´s zum Baumarkt. Heute morgen im Garten regnete es noch. Jetzt ist die Sonne rausgekommen und die Luftfeuchtigkeit steigt und steigt.

Im Baumarkt finde ich die Dinge, die ich brauche ziemlich schnell. Allerdings fehlen zwei Teile. Also suche ich einen Mitarbeiter. Ich hab es eilig – wie immer. Gehe zur Infotheke und sehe den Mitarbeiter in einem Gespräch mit Kunden. Ich stelle mich dazu. Der Mitarbeiter bemerkt mich, würdigt mich keines Blickes und bedient die Kunden weiter. Ich merke, wie Groll in mir aufkocht und frage mich, warum der mich nicht angschaut hat. Ich muss warten. Also warte ich. Es ist heiß im klimatisierten Baumarkt. An der Theke steht ein Ventilator. Ich drehe ihn so zu mir um, dass die Luft mich anweht.
Mir wird bewusst, dass ich genervt bin weil ich warten muss, es heiß ist und ich nicht angeschaut wurde.

Plötzlich macht es klick.

Aus einer Vogelperspektive sehe ich mich jetzt deutlich in diesem Baumarkt stehen. An dieser Theke und ohne ersichtlichen Grund sauer. Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn ich der Verkäufer wäre. Wie würde ich auf jemand reagieren, der da mit Tempo 100 ankommt und sich da hinproduziert. Würde ich den anschauen?
Nein! Glaube ich nicht.
Ich stelle mir die Frage, ob ich jetzt in diesem Baumarkt arbeiten wollen würde – die Antwort lautet deutlich: NEIN!!

Das Warten fällt jetzt leichter. Ich werde ruhiger. Der Groll auf den Mitarbeiter erweist sich als unbegründet. Ich bin dankbar für diese Erkenntnis – der Zorn tut mir selber nicht gut. Ich entwickle Mitgefühl mir selber gegenüber. Kann gelassener mit mir umgehen, die Todo-Liste entspannter betrachten. Mir Zeit geben. Bin weniger gehetzt.

Der Mitarbeiter hat die Kunden zu Ende bedient, kommt zu mir und fragt, ob es bei meiner Angelegenheit um was schnell zu erledigendes geht. “Klar!” sage ich. “Geht schnell.”
Ich habe es nicht mehr eilig, während ich das sage.

Ich schildere ihm mein Anliegen. Er scannt den Artikel, überprüft die auf Lager liegende Stückzahl. Dabei fällt mir auf, dass ihm die Schweißtropfen auf der Stirn stehen. Er geht auf eine freundlich zugewandte Art und Weise auf mein Anliegen ein und macht auf mich einen ruhigen, gelassenen und kompetenten Eindruck.

Und ich bekomme Respekt vor diesen Baumarktmitarbeiter und in mir macht sich Demut bemerkbar. Alles, was vorher durch mein Hirn schoss, erweist sich als völlig falscher Film von mir.

Wir gehen in den Gang, wo die Artikel liegen und er überprüft, ob sie noch an einer anderen Stelle liegen. Es entwickelt sich ein entspanntes Käufer-Verkäufer-Gespräch. Leider hat er die bestellten Artikel nicht auf Lager, sie müssten aber im Laufe der nächsten zwei Tage eintreffen. Damit kann ich gut leben, denn ich bin jetzt mit einem ganz anderen Gewinn aus diesem Baumarkt herausgegangen.

Danke Achtsamkeit.