Achtsamkeit & Verlust

 

Ein Verlust kann uns immer treffen. Plötzlich aus dem Nichts oder nach einer langen beschwerlichen Zeit. Ob es der Tod eines geliebten Menschen ist, das Ende einer Beziehung, der Verlust der Gesundheit oder eines Arbeitsplatzes –  wenn er einmal da ist und du vor vollendeten Tatsachen stehst, spürst du den Schmerz des Verlusts. Dieser Schmerz ist körperlich erfahrbar. Alles in dir zieht sich zusammen , deine Brust ist eng, deine Eingeweide werden von außen zusammengepresst. Dir fällt das Atmen schwer und du fühlst dich um 20 kg schwerer. Die Traurigkeit ist wie ein Gefängnis, das dich energetisch nach unten drückt. Niedergeschlagenheit ist präsent. Dein Denken ist eingeengt und fokussiert auf den Umstand, dass da etwas fehlt. Und du sehnst dich nach dem Zustand davor. Aber der ist weg. Und dieser Tatsache musst du ins Auge schauen. Ja, du musst! Weil du keine andere Wahl hast. Das ist die Realität. Jedoch in dir bäumt sich alles dagegen auf. Du verlierst dich in Tagträumereien und irrealen Phantasiewelten. Und weißt du was? Das ist normal.

Es gibt Parallelen zu den fünf Sterbephasen, die E. Kübler-Ross in ihrer Forschung mit Sterbenden entdeckt hat.

Die erste Phase ist NICHT WAHRHABEN WOLLEN. Alles an dir und in dir negiert die Tatsache, dass der Verlust da ist.

Die zweite Phase ist der Ausbruch von ZORN, WUT und SCHULDzuweisungen. Irgendwo müssen die Emotionen über den Verlust hin. So gibst du deiner Ohnmacht und Hilflosigkeit ein Ventil.

Als dritte Phase wird die VERHANDLUNGsphase bezeichnet. Du wendest dich an Gott oder das Schicksal oder beginnst damit die Vergangenheit in deiner Erinnerung schön zu reden. 

Als viertes kommt die DEPRESSIONS- und TRAUERphase. Hier wird es interessant, denn hier beginnt ein Shift, der dir hilft, dich mit der Situation, wie sie nun mal ist, auseinanderzusetzen. Du wirst dir der Tatsachen bewusst, was du verloren hast. All die Chancen, die du verpasst, alle Gespräche und alle schönen Momente, die du dir ausgemalt hast, kannst du nun nicht mehr erleben. Alles, was du lernen wolltest, geht nun nicht mehr. Hart.

Als letzte und fünfte Phase setzt irgendwann die AKZEPTANZ ein. Du nimmst den Verlust an und akzeptierst ihn als Teil deiner Lebensrealität. Allmählich kehrst du wieder zu deiner ursprünglichen Kraft zurück und wirst wieder lebendiger.

Achtsamkeit hilft dir dabei dir dieser fünf Phasen gewahr zu werden. Je nachdem wie stark dich ein Verlust trifft und du dich damit auseinander setzen willst oder musst, kannst du kurz innehalten und dich fragen: Bin ich jetzt in Phase zwei, oder vier? Das hilft dir etwas deine Emotionen zu navigieren.

Das bewusste Atmen und das Zurückkehren in den gegenwärtigen Augenblick erlaubt dir die Aufmerksamkeit auch auf die Dinge zu richten, die hilfreich und gesund für dich sind.

Wenn du diese fünf Phasen verstehst und dich dazu in Beziehung setzt, kannst du erkennen, dass deine Reaktionen auf Verlust ganz normal und menschlich sind.
So entkommst du der Falle der Selbstvorwürfe und Selbstanklage, dass du dich auch noch selbst für den Verlust verantwortlich machst.

Achtsamkeit ist auch der Schlüssel, um dich zwischendurch wieder als handlungsfähig und selbstbestimmt zu erleben. So kannst du diese Momente als kraftschöpfend wahrnehmen und einer Hauch Optimismus Raum geben.

Leicht? Nein, leicht ist das nicht. Aber leicht kann jeder und wir leben nun mal nicht in einer Instagram- oder Tiktok-Welt, wenn wir mit Verlust konfrontiert sind.