Dienstag, 25.08.2015

In dieser Nacht tue ich kaum ein Auge zu, denn meine Pilgerbegleitung und ich teilen uns zwar ein riesiges Doppelbett, aber ich bin die Nähe zu einer mir fast fremden Person nicht gewöhnt. Außerdem geht ein ganz gehöriger Wind, fast Sturm, und wir schlafen bei offenem Fenster. Dafür werde ich aber durch ein reichhaltiges Frühstück mit allem, was der Pilgermetabolismus so braucht, entschädigt.

Beim Frühstück lernen wir unsere Zimmernachbarn kennen, die von Amsterdam nach Nizza auf dem GF5 unterwegs sind. Hört sich nach einem spannenden Wanderprojekt an. Vor allem, weil sie auch ein paar Alpenetappen dabei haben.

Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen und brechen so gegen kurz nach 8:00 Uhr auf.

Die Sonne scheint und wir genießen noch einmal die grandiose Aussicht von oben auf den Moselbogen und die bewaldeten Moselhänge.

Das scheint wahrscheinlich auch die Ursache zu sein, dass wir die richtige Abzweigung verpassen und uns, man glaubt es kaum, direkt am Anfang der Etappe um 5 km verlaufen. Aber so bekommen wir schöne Eindrücke von Liverdun, der Mosel, den Parkanlagen, den Schnellstraßen, den Bäckereien, dem Bahnhof und was weiß ich noch.

Und wofür mache ich eigentlich Crossfit? Da sind doch 5km ein Klacks;-).

Dieser Tag ist durch viel Nachdenklichkeit und Trauerbewältigung geprägt, und ich habe keine Lust auf Gespräche. Ich gehe fast die komplette Strecke für mich allein und bin froh, dass Bruni, meine Mitpilgerin, damit kein Problem hat. So bekomme ich auch recht wenige Eindrücke dieser Etappe mit und mache nur hier und da mal halbherzig ein Foto.

Der Weg nach Toul hat sich dann noch ganz schön gezogen und ging zum Schluss, wie so oft bei französischen Städten, durch ein Industriegebiet. Das Schöne an diesem Wegabschnitt war, dass die Natur die Nebenstraße (früher die Hauptstraße, jetzt aber zu eng wegen der flankierenden Bäume) so langsam wieder zurückerobert.

Wir treffen wieder auf die Mosel,

gehen an einer Schleuse vorbei und gelangen zum Stadttor von Toul

und haben es nicht mehr weit bis zur Kathedrale. Die ist wirklich wunderschön und sehenswert. Allerdings ist es für uns beide verblüffend, dass wir nicht durch einen altstadtgeprägten Teil auf die Kathedrale zugehen, sondern eher durch einen sozialen Brennpunkt.

In der Touristeninfo hilft uns eine gut Deutsch sprechend Mitarbeiterin sehr zuvorkommend einen Schlafplatz für die heutige Nacht zu bekommen und einen für die kommenden Nacht zu organisieren. Für Bruni funktioniert das alles wunderbar – für mich leider nicht so gut. Diese Etappe ist die letzte, die wir gemeinsam unterwegs sind, denn Bruni geht morgen nach Vezelay weiter und ich nach Le Puy. Das nächste Etappenziel ist für mich Autreville und da gibt´s nur eine Herberge. Der Anruf der Touri-Info-Mitarbeiterin ergibt, dass die Madame in Autreville keine Gäste am nachsten Tag aufnimmt. Also ruft sie im Dorf 1,5 km weiter an und spricht dort auf den AB mit der Bitte um Rückruf. Als ich 2h später nochmals in die Touri-Info gehe und checke, ob es einen Rückruf gibt, schüttelt sie bedauernd den Kopf und probiert es direkt nochmal mit dem selben Ergebnis, dass nur der AB anspringt. Also sitze ich jetzt doof da und frage mich, was ich tun soll. Also rufe ich selber bei der Madame in Autreville an und erkläre ihr in meinem Nichtfranzösisch, dass ich ein Pelerin de St. Jaques bin und ein Chambre pour un nuit cherche usw. Ja und Madame erweicht sich und sagt mir zu. Also haben die 2 Kerzen in der Kathedrale genützt!

Übrigens habe ich von ihr den Tip mit BLABLACAR bekommen, einem MFG-Portal, das in Frankreich anscheinend ganz gut laufen muss.

In Toul kommen wir in einem dreckigen Hotel unter, wo wir erst mal unser Zimmer kehren müssen. Diesmal übe ich Yoga, denn meine Beine schreien danach. Danach, wie immer, T-Shirt und U-Hose waschen und ausruhen.

Das Schöne an unserer Unterkunft ist, dass sie direkt an einem schönen Platz gelegen ist

und wir es nicht weit haben um etwas zu essen und trinken aufzutreiben. In einer Creperie essen wir zu abend und gehen früh zu Bett. Und diesmal packe ich meine Therma-Rest-Matte und meinen Schlafsack aus und schlafe wie ein Stein.

Hier die Daten des Tages:

Die zurückgelegte Distanz an diesem Tag:  28,30 km

Positiver Höhenunterschied:                        296 m

Negativer Höhenunterschied:                      354 m

Zeit in Bewegung:                                       5:07:27

Verstrichene Zeit:                                        7:34:47

Ø Geschwindigkeit:                                    5,4 km/h

Danke, dass Sie meinen Blog lesen und Buen Camino wünscht Joachim Müller