Montag, 24.08.2015

Eigentlich soll die Etappe heute nur von Vandieres bis Dieulouard (18,7km) führen, aber die Wirtin unserer Herberge meinte gestern Abend nur lakonisch, dass das Hotel in Dieulouard geschlossen habe und es dort auch keine andere Möglichkeit zur Unterkunft gebe. Und da habe ich auch gemerkt, dass ich sehr unvorbereitet in mein diesjähriges Pilgerabenteuer gestartet bin, denn in meinem Pilgerführer von 2009 (haha) hatte das Hotel auch noch einen ganz anderen Namen als in Bruni´s Pilgerführer. Also steht heute eine lange Etappe auf dem Programm, denn wir müssen notgedrungen bis Liverdun weiter wandern. Das sind zusätzliche 16 km.

Wir gehen durch ein reichhaltiges Frühstück gut gestärkt los

und nehmen noch einen Umweg nach Pont-à-Mousson, die Stadt der Kanaldeckel, wo wir hoffen, in der Touri-Info noch Möglichkeiten der Übernachtung für Jakobspilger zu bekommen.

Marktplatz in Pont-à-Mouson

Leider ist dort Montags erst ab 13:30 Uhr geöffnet und wir stehen um 11:00 Uhr leider vor verschlossener Tür. Aber wo wir schon mal da sind, schauen wir uns noch schnell die Kathedrale/Kirche an.

Ich finde sie hässlich, Bruni findet sie schön und beide sind wir uns einig, dass sie innen ganz herrlich ist. Nach einer kurzen Besichtigung suchen wir uns den Weg zurück auf den Jakobsweg, treffen noch 2 fusskranke Kollegen,

die mit dem Zug weiterfahren und wandern am Stahlwerk

raus Richtung Jezainville, was wir auch nach einem Umweg über Blenod-les-Pont-à-Mousson erreichen. Hier sind wir wieder auf unserem “Trail” und genießen das Wandern. Zwischendurch müssen wir mal die Regensachen auspacken aber eigentlich nur für´s Protokoll.

Die Frage die sich mir heute stellt ist: Gehe ich lieber allein, oder ist es ganz OK für mich auch mit jemand anderem zu pilgern. Das gemeinsam Pilgern ist jedenfalls viel stressfreier, was sowohl die Wegfindung als auchg das Wegverlieren betrifft. Wir sind uns jeweils eine gute Stütze und Ergänzung. Da Bruni schon über 1000km in den Beinen hat, geht sie einen zügigen Schritt, was mir sehr entgegenkommt und das gemeinsame Gehen auch sehr erleichtert.

In Dieulouard gibt es eine wunderschöne Kirche, die auch offen ist. In ihr ist es so dunkel, dass mir zum ersten Mal klar wird, wie dunkel das früher für die Messbesucher gewesen ist, wenn nur Tageslicht und Kerzen den Raum erhellt haben.

Jetzt sind es noch 16 km bis Liverdun und wir wissen immer noch nicht, wo wir heute übernachten werden.

Dieser Teil der Etappe ist landschaftlich bis jetzt das schönste und wir gehen bis Liverdun fast ausschließlich schweigend. Das Wetter klart so langsam wieder auf und die Sonne gewinnt wieder mehr und mehr Kraft.

In Liverdun angekommen, fällt mir ein Gites-Schild auf

und sofort klingelt Bruni an der Tür. Hier erwartet uns eine wirklich schöne Überraschung. Der Toröffner summt und wir treten in einen Garten ein, in dem ein Weg leicht hangabwärts führt. Aus einer Kurve des Wegs kommt uns ein kleiner weißer Hund entgegen, der uns freudig begrüßt. Wir gehen weiter und kommen auf ein Haus zu, was mich an die 50/60er-Jahre Häuser an der Cote d´Azur erinnert.

Ein Flachdachbau im Hang gelegen, links ein Schwimmbad, noch weiter links ein Anbau mit einer Sauna, hinter dem Haus eine Sonnenterasse und ein Blick auf den Moselbogen bei Liverdun.

Sensationell. Der Monsieur verhandelt mit uns über den Preis. Eigfentlich will er 62 € für das Zimmer haben, aber wir einigen uns auf 50 €. Wir sind ja schließlich arme Jakobspilger. Er ist Wissenschaftler (Verhaltensforscher) und Bildhauer. Das mit dem Bildhauer fällt uns auch sofort auf, denn überall stehen und liegen Frauenkörper oder -Torsen mit großen Brüste und weit ausladenden Hüften.

Er ist so freundlich, dass er uns anbietet, uns zur Touri-Info und zum Supermarkt zu fahren,

was wir sehr gern annehmen, da wir heute 36 km in den Beinen haben.

Nach unserem Einkauf genießen wir auf der Sonnenterasse unser Abendessen und die gigantische Aussicht.

Hier die Daten des Tages:

Die zurückgelegte Distanz an diesem Tag:  35,56 km
Positiver Höhenunterschied:                         603 m
Negativer Höhenunterschied:                       528 m
Zeit in Bewegung:                                            6:43:27
Verstrichene Zeit:                                            8:53:51
Ø Geschwindigkeit:                                         5,2 km/h

 

Danke, dass Sie meinen Blog lesen und Buen Camino wünscht Joachim Müller